Wichtige Fragen rund um das Thema Opferschutz

Tipps und Hinweise Ihrer Polizei

20.03.2022

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Niemand ist wirklich darauf vorbereitet, Opfer einer Straftat zu werden. Egal, ob es um einen Taschendiebstahl, eine schwere Körperverletzung oder eine andere Straftat geht: Man ist durch das Delikt verletzt oder verstört und weiß danach oft nicht, was man machen soll.

Unsere Zusammenstellung von Fragen und Antworten soll Opfern von Straftaten eine hilfreiche Orientierung geben. 

Nüchtern betrachtet ist der Begriff „Opfer“ eine wertneutrale Feststellung und beschreibt einen Menschen, der zu Schaden gekommen ist. Opfer bedeutet, durch eine Straftat oder ein Ereignis unmittelbar oder mittelbar physisch, psychisch und/oder materiell geschädigt zu werden. Wer den Begriff jedoch genauer betrachtet, der wird feststellen, dass dieser sehr vielfältig ist und mit ihm viele Emotionen verbunden sind.
Geschädigte von Straftaten erhalten von den unterschiedlichsten Menschen, Stellen und Organisationen Hilfestellungen und Schutz, um sich von den Folgen einer Tat zu erholen und nicht noch einmal zum Opfer zu werden.

Dafür braucht es ein wirksames Zusammenspiel nachfolgender Dinge:

  • Zeugen – die hinschauen und nicht wegsehen, aktiv werden, helfen und nachher bereit sind über ihre Beobachtungen eine Aussage bei der Polizei zu machen.
  • Polizisten – die mit dem nötigen Feingefühl und gleichzeitig der gebotenen Ermittlungshärte an den Fällen arbeiten.
  • Medien – die mit ihrer Berichterstattung nicht die intimsten und verletzendsten Details des Falles verbreiten und damit dem Opfer noch mehr Leid zufügen.
  • Freunde und Angehörige – die den Opfern zur Seite stehen und ihnen Halt geben.
  • Opferschutzverbände – die fachkundige Beratung bieten und gezielte Hilfsangebote machen.
Der Polizeinotruf ist rund um die Uhr über die 110 zu erreichen.

Glücklicherweise liegt nicht immer ein Notfall vor, wenn man mit der Polizei in Kontakt treten möchte. Daher ist es sinnvoll, die Telefonnummer der örtlich zuständigen Polizeidienststelle griffbereit oder schon im Telefon (Festnetz oder Handy) abgespeichert zu haben.

Welche Dienststelle zuständig ist, findet man übrigens in der Dienststellen-Suche  Meine Polizei vor Ort

Wenn Sie eine Straftat anzeigen wollen, dann können Sie sich an jede Polizeidienststelle wenden oder Online melden  Onlinewache Polizei Hessen

Sind Sie der Auffassung, dass ein Straftatbestand erfüllt ist, können Sie mündlich oder schriftlich bei der Polizei eine Strafanzeige erstatten. Diese Strafanzeige können Sie nicht mehr einfach zurücknehmen, denn die Ermittlungsbehörden müssen grundsätzlich jede angezeigte Straftat verfolgen. Nur bei wenigen Taten wie z. B. Hausfriedensbruch und Beleidigung ist ein Strafantrag vom Betroffenen Voraussetzung für ein Strafverfahren. Ein Strafantrag ist eine schriftliche Erklärung gegenüber der Polizei und Staatsanwaltschaft, dass die Strafverfolgung des Täters gewünscht wird.

Den Strafantrag müssen Sie innerhalb von drei Monaten stellen, nachdem Sie von der Tat und der Täterin bzw. des Täters erfahren haben. Als Geschädigter können Sie eine schriftliche Bestätigung Ihrer Strafanzeige bekommen. Diese enthält Angaben zur Tatzeit, zum Tatort und zur angezeigten Tat.

Für einen frühzeitigen Beginn des Heilungsprozesses, sollten Sie sofort eine Ärztin oder einen Arzt aufsuchen. Ein ärztliches Attest über die festgestellten Verletzungen kann sowohl im Strafverfahren als auch im Zivilverfahren von Bedeutung sein.
Beim Forensischen Konsil Gießen (FoKoGi), ein kostenloser konsiliarischer Online-Dienst der Ambulanz des Instituts für Rechtsmedizin am Universitätsklinikum Gießen und Marburg, haben Opfer von Gewalttaten die Möglichkeit, eine gerichtsverwertbare Dokumentation der Verletzungen gerichtsfest dokumentieren zu lassen (https://forensisches-konsil-giessen.de). Dies ist auch möglich, wenn Sie noch keine Anzeige bei der Polizei erstattet haben bzw. nicht wissen, ob Sie zu einem späteren Zeitpunkt noch eine Anzeige erstatten möchten.
Eine Aussage zu machen, ist für das Opfer einer Straftat sicherlich eine Ausnahmesituation, die sehr belastend sein kann. Sie haben ein Recht auf Begleitung und dürfen eine Vertrauensperson zu Ihrer Vernehmung mitbringen. Sie kann nur in Ausnahmefällen ausgeschlossen werden. Eine Begleitung durch eine Rechtsanwältin oder Rechtsanwalt ist ebenfalls möglich.

Bei der Vernehmung müssen Sie Ihren Namen und Ihre Adresse angeben. Sollte sich für Sie dadurch eine besondere Gefährdung ergeben, haben Sie ein Recht auf Adressdatenschutz. In Ausnahmefällen ist eine alternative ladungsfähige Anschrift möglich. In ganz seltenen Fällen können Sie eine „anonyme Aussage“ machen. Die Entscheidung darüber trifft allein die Staatsanwaltschaft.  

  • Wann wurde die Tat begangen?
  • Wo war der Tatort?
  • Welche Hinweise können Sie zum Täter machen?
  • Welche(r) Verletzungen / Schaden ist entstanden?
  • Wer könnte die Tat sonst beobachtet haben?

Möglicherweise werden Ihnen noch ergänzende Fragen gestellt. Die Polizei protokoliert alles so, wie Sie es berichten. 

Vor jeder Vernehmung werden Sie von dem Vernehmungsbeamten über Ihre Rechte und Pflichten als Zeuge belehrt.

Sie haben ein Zeugnisverweigerungsrecht, wenn Sie in einem bestimmten verwandtschaftlichen Verhältnis zu der oder dem Beschuldigten stehen.

Bei Angaben, die Sie selbst belasten würden, haben sie ebenfalls das Recht, die Aussage zu verweigern (Auskunftsverweigerungsrecht).

Beim Erstatten einer Strafanzeige wird der aufnehmende Beamte Ihnen helfen. Sie haben bei Ihrer Zeugenvernehmung ein Recht auf Übersetzung. In diesen Fällen wird eine Dolmetscherin oder ein Dolmetscher hinzugezogen.
Das Ermittlungsverfahren ist wie ein „Puzzle“. Jedes einzelne Puzzleteil, wie Spuren, Atteste, Zeugen, Einschaltung von Sachverständigen etc. wird miteinander verknüpft um das Tatgeschehen zu „untermauern“. Nach Abschluss der Ermittlungen wird die Akte der Staatsanwaltschaft übersandt.
  • Schadensersatz und Schmerzensgeld

In der Regel ist es möglich, diesen Anspruch gleich im Strafverfahren geltend zu machen (Adhäsionsverfahren). Dazu müssen Sie aber einen Antrag stellen. Das können Sie bereits bei der Anzeige der Straftat machen. Natürlich steht Ihnen frei, Ihre Schadensersatz oder Schmerzensgeldansprüche auch vor dem Zivilgericht geltend zu machen.

  • Anwaltlichen Beistand und ggfls. Prozesskostenhilfe

In besonderen Ausnahmefällen können Sie bei Gericht beantragen, dass Ihnen kostenlos eine Rechtsanwältin oder ein Rechtsanwalt zur Seite gestellt wird. Das ist z. B. bei schweren Gewalt- oder Sexualstraftaten möglich oder wenn nahe Verwandte, z. B. Kinder, Eltern oder Ehepartnerin bzw. Ehepartner, durch eine Straftat ums Leben gekommen sind. 

Wenn Sie Opfer einer Straftat geworden sind, erhalten Sie Informationen zum Strafverfahren nicht immer automatisch. Sie müssen, am besten gleich bei der Polizei, sagen, ob und welche Informationen Sie haben möchten.

Wenn Sie dies wünschen, werden Sie über folgendes informiert:

  • Sie erhalten eine kurze schriftliche Bestätigung Ihrer Strafanzeige.  
  • Ihnen wird mitgeteilt, wenn die Staatsanwaltschaft das Verfahren eingestellt hat, d.h. nicht zur Anklage vor Gericht gebracht hat.   
  • Sie werden darüber informiert, wann und wo die gerichtliche Verhandlung stattfindet und was dem bzw. der Angeklagten vorgeworfen wird.   
  • Ihnen wird das Ergebnis des gerichtlichen Verfahrens mitgeteilt, d.h. ob es einen Freispruch oder eine Verurteilung gab oder ob das Verfahren eingestellt wurde. 
  • Sie erhalten Informationen darüber, ob der bzw. die Beschuldigte oder Verurteilte in Haft ist.   
  • Ihnen wird mitgeteilt, ob dem bzw. der Verurteilten verboten ist, Kontakt mit Ihnen aufzunehmen.

Zusätzlich können Sie im Einzelfall beantragen, Auskünfte oder Kopien aus den Akten zu erhalten. Dies kann nach einem Verkehrsunfall beispielsweise eine Unfallskizze sein, die Sie benötigen, um Schadensersatz oder Schmerzensgeld zu verlangen. Wenn Sie nicht nebenklageberechtigt sind, müssen Sie den Antrag auch begründen, also erklären, warum Sie diese Informationen aus den Akten brauchen. Ausnahmen davon können im Einzelfall möglich sein.

Beratung und Hilfe bieten zahlreiche Opferhilfeeinrichtungen. In individuellen Beratungsgesprächen erhalten Sie von speziell ausgebildeten Personen, die viel Erfahrung mit Menschen in Ihrer Situation haben, viele wichtige und nützliche Informationen. Sie werden dabei unterstützt, Ihre Rechte in Anspruch zu nehmen.

Sehr viele Informationen rund um das Thema Opferhilfe und Opferschutz im Strafverfahren mit einem Merkblatt für Opfer einer Straftat in mehreren Sprachvarianten finden Sie im Internet beim

Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz unter:
  Opferhilfe und Opferschutz im Strafverfahren 

Psychosoziale Prozessbegleitung

Sind Kinder oder Jugendliche Opfer einer Gewalt oder Sexualstraftat geworden, gibt es die Möglichkeit einer professionellen Begleitung und Betreuung während des gesamten Verfahrens, die sogenannte psychosoziale Prozessbegleitung.

Im Einzelfall können auch Erwachsene Opfer schwerer Gewalt- oder Sexualverbrechen eine solche Betreuung benötigen und erhalten. Die psychosoziale Prozessbegleitung ist, wenn sie vom Gericht bestätigt worden ist, für die Opfer kostenlos. Fragen Sie bei der Polizei oder einer Opferhilfeeinrichtung nach. Diese können Ihnen weitere Informationen geben.

Im Internet können Sie ebenfalls viele Informationen zur psychosozialen Prozessbegleitung finden beim Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz unter  Opferhilfe und Gewaltprävention und dort unter der Rubrik  Psychosoziale Prozessbegleitung

Ein Verkehrsunfall kann für alle Beteiligten ein einschneidendes Ereignis sein: Schwere bis tödliche Verletzungen, ein erheblicher Sachschaden und nicht immer einfache zivilrechtliche Sachverhalte erschweren die Verarbeitung einer solchen Erfahrung.

Informationen, die nach einem Verkehrsunfall wichtig sein könnten sowie eine Auflistung der Opferhilfevereine in Hessen, die Sie insbesondere bei der Bewältigung des Erlebten unterstützen können, finden Sie hier im Flyer:

 Informationen für Opfer und Angehörige nach einem schweren Verkehrsunfall  (30 KB) 

Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG)
Haben Menschen beispielsweise durch eine Gewalttat eine gesundheitliche Beeinträchtigung erlitten, so können Sie auf Antrag über das Opferentschädigungsgesetz (OEG) staatliche Leistungen wie ärztliche oder psychotherapeutische Behandlungen, Versorgung mit Hilfsmitteln oder Rentenleistungen erhalten.
Eine Gewalttat in diesem Sinne ist ein vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff gegen eine Person und kann zum Beispiel     
  • eine vorsätzliche Körperverletzung
  • eine Vergewaltigung und sexueller Missbrauch (auch von Kindern) 
  • ein Schaden durch Vergiftung und Brandstiftung oder
  • ein Tötungsdelikt    
sein.
Alle wichtigen Hinweise, Ansprechpartner und Informationen des „OEG-Trauma-Netzwerkes für Opferbetreuung und Opfersoforthilfe Hessen“ finden Sie  hier: https://www.polizei.hessen.de/File/flyer-oeg-trauma-netzwerk-bf_1.pdf
  • ODABS – Online Datenbank für Betroffene von Straftaten (www.odabs.de)

Diese Internetseite hilft Ihnen dabei, Einrichtungen in Ihrer Nähe zu finden, die sich darauf spezialisiert haben Ihnen zu helfen, wenn Sie von Sexual- oder Gewaltdelikten betroffen sind.

Hilfetelefon (www.hilfetelefon.de)

Das Hilfetelefon ist 365 Tage im Jahr, 24 Stunden am Tag, kostenfrei unter der Nummer 08000 116 016, per Online-Chat oder E-Mail erreichbar und berät deutschlandweit Frauen, die von Gewalt betroffen sind. Die Beratung ist auf Wunsch anonym, mehrsprachig und barrierefrei. Das Hilfetelefon informiert und vermittelt bei Bedarf an geeignete regionale Unterstützungseinrichtungen.

Angebote für Kinder und Jugendliche?

Polizei für Dich - Das Internetportal der Polizei www.polizeifürdich.de bietet viele Informationen und Tipps für Jugendliche u. a. zu Kriminalitätsphänomenen, Opferschutz und Hilfsangeboten.

Unterstützung für Opfer extremistischer Übergriffe und terroristischer Straftaten

Opfer extremistischer Übergriffe oder terroristischer Straftaten erhalten auf Antrag finanzielle Hilfen beim Bundesamt für Justiz. Auf www.bundesjustizamt.de (Suchwort: Härteleistungen) erfahren Sie alles zu den Voraussetzungen und zum Verfahren.

Fonds Sexueller Missbrauch

Der Fonds Sexueller Missbrauch will Betroffenen helfen, die in ihrer Kindheit oder Jugend sexuellen Missbrauch im familiären Bereich erlitten haben und noch heute unter den Folgen leiden. Es werden nur Sachleistungen wie z. B. Therapien bewilligt. Nähere Informationen zu den Voraussetzungen und der Antragsstellung finden Sie unter http://www.fonds-missbrauch.de/

Ausführliche Informationen und Hinweise der Polizei zum Opferschutz finden Sie im Internet unter Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes 
www.polizei-beratung.de

Opfer einer Straftat oder eines Unglücksfalles leiden häufig nicht nur unter den unmittelbaren körperlichen und materiellen Schäden. Oft gerät auch ihr Sicherheitsgefühl ins Wanken, ihre Lebensqualität geht verloren oder wird stark eingeschränkt. Gerade in dieser Situation brauchen Opfer gezielten Rat, Hilfe und Beistand, um die Folgen einer Straftat oder eines Unglücks besser zu bewältigen, ihr Sicherheitsgefühl wieder zurück zu gewinnen und ihre berechtigten Ansprüche wahrzunehmen.

Um den Opferschutz auch innerhalb der Polizei zu gewährleisten, gibt es bei jedem Polizeipräsidium – so auch in Mittelhessen – eine(n)  Opferschutzbeauftragte(n). Die Stelle ist bei der Abteilung Einsatz im Stabsbereich E 4 angesiedelt. Zudem hat jede Polizeidirektion eine(n) Opferschutzkoordinator(in).

Gemeinsam kümmern sie sich innerhalb der Behörde um die Opferschutzbelange, führen interne Schulungen durch und dienen als Ansprechpartner für alle Fragen des Opferschutzes und der Opferhilfe intern und extern.

Die Erreichbarkeit der Opferschutzbeauftragten und der regionalen Opferschutzkoordinatoren des Polizeipräsidiums Mittelhessen finden Sie hier:  Opferschutzbeauftragte

Ein Sprichwort sagt: „Vorbeugen ist besser als heilen“.

Dies gilt insbesondere zur Vorbeugung von Straftaten. Alles rund um das Thema Schutz- und Sicherheit der Polizei Mittelhessen finden Sie hier  Vorsorge-Tipps

Die Polizei hilft Ihnen, Probleme im Vorfeld zu erkennen, damit Sie optimal reagieren können. Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner zu Themen der Kriminalprävention finden Sie beim Polizeipräsidium Mittelhessen im Sachbereich der Prävention.

In den Landkreisen beraten Sie die Kriminalpolizeilichen Berater zur wirksamen Verhinderung des Wohnungseinbruchsdiebstahls. Wichtig: Nutzen Sie unseren kostenlosen Service einer sicherungstechnischen Beratung durch die Expertinnen und Experten Ihrer Kriminalpolizeilichen Beratungsstelle, bevor Sie Schlösser, Fenster oder Türen ersetzen lassen bzw. austauschen.

Weitere Angebote der Kriminalpolizeilichen Berater sind Informationen zu folgende Themen:

  • Wohnungseinbruchdiebstahl
  • Trickdiebstahl / Trickbetrügereien
  • Geldgeschäfte / Skimming
  • Taschendiebstahl
  • Haustürgeschäfte
  • Enkeltrick / Schockanrufe
  • Kaffeefahrten
  • Sowie zu allen aktuell auftretenden Formen von Kriminalität

Unsere Kriminalpolizeiliche Beratungsstellen im Polizeipräsidium Mittelhessen finden Sie hier:  Kriminalpolizeiliche Beratungsstellen